Noch knapp rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 2009 gelangte eine weitere Wagenneuheit in den Handel: Der dreiachsige preussische Packwagen für Personen- und Eilzüge der Bauart 1911 nach Musterblatt IIa mit hölzernem, verblechtem Aufbau.
Von diesem Lenkachswagen wurden 715 Fahrzeuge beschafft. Zusammen mit der nächsten Auflage 1912 nach Musterblatt IIa 3. Auflagen (396 Stück) ist dies der wohl am meisten gebaute Reisezugpackwagen der Welt (Die stückzahlmäßige Verteiliung der beiden Unterbauarten ist strittig, die Gesamtzahl nicht). Nach meiner Meinung entspricht das Liliput-Modell mit seinen Metall-Fensterrahmen ohnehin eher der 3. Auflage der Skizze IIa.
Das Modell gibt diesen Wagen in der Ausführung im Dienst der Deutschen Bundesbahn um 1953 (Ep. IIc/IIIa) wieder. Der Wagen hat eine elektrische Beleuchtung, die durchgehenden seitlichen Trittbretter für den Schaffner wurden bereits entfernt. An den Wagenenden befinden sich aber noch die oberen Querstege, die nach 1953 aus Sicherheitsgründen entfernt wurden. Die Beschriftung am Wagenkasten ist epochegerecht dunkelgelb. Das Hundeabteil ist bei diesem Wagentyp über den am verjüngten Ende befindlichen Einstieg innen zugänglich und deshalb so auch an den Einstiegstüren markiert.
Die meisten Anbauteile sind separat eingesetzt. Allerdings fehlen meiner Meinung an den Kopfseiten die mittleren Trittebenen, die Personale müssen hier schon sehr lange Beine mitbringen, um den oberen Quersteg zu erreichen. Überflüssig und damit falsch ist die untere Querleiste am Wagenkasten.
Auffällig ist, dass das angespritzte Dach maskiert lackiert wurde und damit die Dachseiten in grüner Farbe erscheinen. Hier sollte der Modellbahner mit ein paar Pinselstrichen Abhilfe schaffen.
Die Räder entsprechen NEM 310 und damit leider keiner feineren Norm, wie es z.B. FLEISCHMANN gelegentlich macht und immer häufiger Räder nach NEM 311.1 anbietet. Die Gleitlagerkästen sind "merkwürdig" gestaltet und haben nach meiner Kenntnis kein passendes Vorbild.
Der Wagen wird zwar im Zusammenhang mit den auch in 2009 erschienen Nachbildungen der Einheitsabteilwagen angeboten, hat aber konstruktiv wenig Gemeinsamkeiten mit diesen. Genaugenommen sollte er nicht einmal im Zugverband mit diesen Wagen laufen, da ein hölzerner Wagen nicht zwischen Lok und eisernen Wagen eingestellt werden darf. Diese Regel war in der späten Kriegs- und Nachkriegszeit nicht mehr so bewusst, oft wurden Personenzüge aus sehr gemischten Fahrzeugen zusammengestellt. Nach 1961 durften hölzerne Wagen nicht mehr in Reisezüge eingestellt werden.
Interessant ist auch der Vergleich mit dem schon einige Jahrzehnte angeboteten Vorgängertyp von FLEISCHMANN (Nr. 5095). Dieses Modell ist einem kürzeren Wagen des Musterblatts IIa 2. Entwurf (Bauart 1899/1902) angenähert. Etliche Abweichungen der Fensteranordnung (WC, Laderaum) sind jedoch nicht dokumentiert.
Ich habe ein solches Modell vor Jahren etwas verfeinert.
Das Liliput-Modell hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck - auf den ersten Blick viele Details, sehr gute Lackierung und Beschriftung, auf den zweiten Blick jedoch auffällige Ungereimtheiten wie die unsinnige Anordnung der Tritte und Stege und die auffallend falschen Gleitlagerkisten. Wer das nachbessern kann, erhält ein schönes Modell.
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Text und Fotos: Will Berghoff 2009